Sonntag, 17. Juli 2016

Der Wertpapiernachkauf oder: wie ich es mit dem Rebalancing halte

Jeder der regelmäßig in mehr als ein Wertpapier investiert kennt das Thema bzw. Problem. Die Portfoliogewichtung, die man (hoffentlich) irgendwann mal festgelegt hat ändert sich weil sich die einzelnen Wertpapiere unterschiedlich entwickeln.

Habe ich mich also beispielsweise für zwei Wertpapiere entschieden, die zu Beginn für je 50€/St zu haben waren und vergeht nun einige Zeit, so stehen Wertpapiere nun z.B. bei 45€ und 55€ (weil man das so schön rechnen kann).
Wenn ich nun regelmäßig, sagen wir mal 100€/Monat spare, dann stellen sich folgende Fragen:

  • Teile ich die monatliche Sparrate zu 50:50 auf, weil das meine angestrebte Verteilung ist?
  • Oder bespare ich hauptsächlich das 55€-Papier weil es sich besser entwickelt?
  • Oder vielleicht doch das 45€ Papier um die angestrebte Verteilung wieder herzustellen?
Fragen über Fragen...
Ich gehe hier wie folgt vor, aber zunächst ein paar Vorabbemerkungen:
  • Ich investiere nur in breit aufgestellte ETFs, niemals in Einzeltitel.
  • Ich werfe nur Wertpapiere in einen Topf um sie zu vergleichen, die der selben Assetklasse angehören.
  • Ich sammle auf meinem Verrechnungskonto so lange, bis ich ca. 2K€ zusammen habe, danach wird investiert.
Dann investiere ich grundsätzlich in das Wertpapier, das am ehesten (gemessen an der prozentualen Sollverteilung) unterrepräsentiert ist.

Warum tue ich das?
  • Ich glaube nicht daran, dass sich durch market timing eine Outperformance erreichen lässt. Hierzu gibt es etliche Studien, die dies belegen. Wer es weniger wissenschaftlich mag, möge sich lediglich ältere Analystenprognosen ansehen.
  • Ich investiere antizyklisch, dadurch hoffe ich die Performance steigern zu können. Grundsätzlich glaube ich aber daran, dass meine breit aufgestellten ETFs langfristig in ähnlichem Maße steigen werden (5-7% p.a.)
  • Im fortgeschrittenen Stadium dienen Dividendenzahlungen dem Rebalancing. D.h. auch bei unterschiedlicher Performance wird die gewünschte prozentuale Verteilung gehalten.
  • Ich vermeide damit, in euphorischen oder pessimistischen Phasen das falsche Wertpapier zu kaufen. Ich kaufe immer antizyklisch bzw. dort wo am ehesten eine Schwächephase herrscht.

13 Kommentare:

  1. Hallo Romsdalen,
    Finde Deinen Ansatz insbesondere deshalb gut, weil Du Deine Emotionen, Meinungen, Wünsche, Hoffnungen, etc. ausschaltest. All das kann dazu führen, dass Du irrationale Investitionsentscheidungen triffst.
    Auch ich bin großer Freund der Automatisierung von Verhaltensweisen, siehe auch mein Artikel: https://meinefinanziellefreiheit.com/2016/06/30/automatisiertes-sparen/

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  2. hi Romsdalen,
    Dein Ziel für 2016 reicht ja in greifbare Nähe :)
    Meine Portfoliogewichtung steht noch nicht ganz, von Einem zuviel, vom Anderen zu wenig, mag aber nicht verkaufen, und mir fehlen noch Small Caps, danach werde ich es ebenso handhaben.
    Was ich jetzt allerdings schon mache ist bei Sparplänen, in Abwärtsphasen erhöhe ich die monatliche Sparsumme und fahre sie sofort wieder zurück wenn Besserung in Sicht ist. Ich halte auch immer eine gewisse Crash-Reserve bereit (Tagesgeldkonto, an Rentenpapiere trau ich mich im Moment eher nicht)
    Viel Glück weiterhin!

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  3. Danke.
    Hast Du definiert, wann Du an Deine Crash-Reserve gehst und sie "in den Ring wirfst"?

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  4. Bei einem Crash von 10-25% würde ich 20-25% der Crash-Reserve einsetzen, bei einem Crash von 25-50% maximal 50% der Reserve, danach würde ich erstmal nur mit der monatlichen Sparrate weiterfahren (meine Sparrate ist ordentlich, zwischen 50-55% meines Monatslohns)
    Als der Türkei-Putsch vor dem Wochenende war befürchtete ich schon Übles, aber es ging wenigstens börsenmässig glimpflich ab.

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  5. Hallo Romsdalen,

    auch ich finde deinen Ansatz gut. Niemand kann die Zukunft voraussehen. Zudem funktioniert Markt-Timing nicht. Und im Durchschnitt ist die Rendite des Aktienmarktes halt überdurchschnittlich. Jedoch sollte man meiner Meinung nach grundsätzlich eine gewisse Cash-Reserve vorhalten und die bei vorher definierten "Crash"-Regeln ganz oder teilweise auflösen (z. B. MSCI World -5% innerhalb einer Woche).

    Dadurch kann einem zwar etwas Rendite durch die Lappen gehen, andererseits schläft es sich aber besser. Man hat immer (bzw. fast immer) die Möglichkeit, "günstig" nachzukaufen. Psychologisch nicht ganz unwichtig. Man ist somit dem Markt nicht vollkommen "ausgeliefert". Aber nur meine Meinung.

    Zudem sehe ich es etwas kritisch, dass die großen Märkte (bzw. breit aufgestellten ETFs) langfristig in ähnlichem Maße steigen werden.

    Europa läuft aktuell schwächer als Amerika. Du gehst also davon aus, dass Europa dieses wieder aufholt und investierst daher antizyklisch und kaufst "mehr Anteile" Europa. Damit investierst Du nicht mehr passiv. Du gehst eine Wette ein. Ich würde, wenn man rein passiv investieren möchte, einfach 90% MSCI World + 10% EM kaufen. Damit gehst Du immer mit dem Markt und holst die Durchschnittsrendite.

    Meiner Meinung nach wird auch zukünftig der S&P 500 den Stoxx Europe 600 abhängen. Einfach weil in Amerika im Großen und Ganzen die besten (börsennotierten) Firmen gibt. In Europa gibt es eine andere, (historisch bedingte) "Kapitalisierungsstruktur". Es gibt viele Familienunternehmen, die nicht an der Börse sind. Und diese sind oftmals sehr leistungsfähig. In den USA hat die Aktienkultur einfach einen hohen Stellenwert. Es gibt viele Aristokraten. Der Markt ist zudem sehr robust. Aber vielleicht liege ich in meiner Einschätzung auch falsch. Ist halt meine Meinung.

    ...ich hoffe, du siehst mein Posting nicht zu kritisch. Aber nur durch Kritik kommt man weiter. :-)

    Trotzdem, super wie du das alles machst.

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  6. Moin,
    zunächst mal danke für die willkommene Kritik. Ich sehe das Thema allerdings komplett anders:
    Zunächst mal allgemein zum Thema "Cash für den Crash vorhalten": Das ist genau der Punkt, der nicht funktioniert. Du nennst es vielleicht ein wenig anders, aber ´genau das ist market timing und da sind sich die Forscher/Statistiker einig: das funktioniert nicht.
    Jetzt zur Gewichtung "S%P500 vs EuroStoxx": Zunächst mal investiere ich in den MSCI World, der ja nicht nur die USA umfasst, aber ich gebe Dir recht, da ist schon ziemlich viel USA mit dabei. Dummerweise kommt jetzt aber noch ein ganz anderer Faktor zum tragen: ich bezahle alle meine Rechnung in Euro (und das wird sich wahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten nicht ändern) -> Währungsrisiko, wenn ich nur in den MSCI investiere. Das ist erstmal jenseits des Börsengeschehens, aber letztendlich ist das ein Faktor, der nicht weg zu diskutieren ist.

    Nichts für ungut, und danke nochmal für Deinen Beitrag. Ich weiss sowas sehr zu schätzen.

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  7. hallo Romsdalen,

    also meine Crash-Reserve lässt mich gut schlafen, ein junger Anleger braucht sowas sicher nicht, kommt aber auch auf die Asset-Allocation an, wenn ich mit 58Jahren 80% in Aktien angelegt habe dann ist das schon relativ aggressiv angelegt, ich habe ja keine Rentenpapiere, aber mein Portfolio ist ja auch nur Teil des Gesamtvermögens, da kommt ja noch meine ETW sowie mein steuerlich begünstigtes Sparen in die 3.te Säule (Schweiz) dazu, als Anleger mit Domizil Schweiz kann ich natürlich ein Liedchen von Währungsrisiko singen, und das nicht nur als die SNB im Januar 2015 den Mindestkurs von 1.20 pro Euro aufgegeben hat. Vielleicht wäre es mal interessant ein Thema Asset Allocation zu machen in der heutigen Zeit wo die Zinsen auf Tiefstniveau stehen, das vermisse ich in vielen Blogs, da geht es nämlich nur um Aktien als Anlageform.

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  8. Hallo Annabella,
    ich bestreite nicht, dass es psychologisch von Vorteil ist, eine Crashreserve in der Hinterhand zu haben. Rein finanzmathematisch bringts allerdings nichts.
    Es ist eher generell die Frage zu stellen, welchen Prozentsatz mach in welche Assetgruppe investieren möchte. 80% in Aktien beim Alter von 58 Jahren halte ich auch für zu viel, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
    Ich persönlich habe mich übrigens gegen Rentenpapiere entschieden. Stattdessen investiere ich in einen ETF, der auf Pfandbriefen basiert. Das Risiko erscheint mir hier unwesentlich größer und man hat wenigstens ein bisschen mehr Dividende als bei Rentenpapieren.
    Wenn Du möchtest, kannst Du gerne einen Beitrag zum Thema Asset Allocation schreiben. Wenn er gut ist (wovon ich jetzt erstmal ausgehe) kann ich ihn als gastbeitrag hier veröffentlichen.

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  9. hi Romsdalen,
    wie mein Chef, *lach* wenn ich da sage, das und das müsste mal gemacht werden, so erhalte ich meist die Antwort, gute Idee.... fang gleich mal an..
    Spass beiseite, das Thema treibt mich schon lange um, ich habe all diese sog. Lazy-Portfolios nach Scott Burns, Rick Ferri, David Swenson und Ray Dalio angeschaut und versucht auf mein Anlagedomizil Schweiz zu adaptieren, diese Portfolios sind ja schon alt, aber damals waren die Zinsen einfach höher und man konnte selbst bei 50% Aktien/50% Bonds noch was rausholen.
    Aber "die" asset allocation gibt es nicht, man kann sich orientieren an bewährten Sachen, aber mehr nicht, es spielen viele Faktoren eine Rolle, z.B was oder wer hängt von meiner Anlageentscheidung ab, was passiert wenn ich mein Ziel nicht erreiche? in meinem Falle bin ich ja nur für mich selbst verantwortlich und das "Schlimmste" was passieren kann ist, dass ich eben bis zur ordentlichen Rente dann arbeiten muss, aber ich hasse meine Arbeit nicht und demzufolge bin ich da fein raus.
    Und welches Ziel verfolge ich überhaupt? bei Dir die Million, Du bist viel jünger und das ist machbar,
    wieviel Durchhaltevermögen hat ein Anleger, wie hoch ist die Frustrationstoleranz wenn man Monat für Monat spart und sich doch nix am Depot tut oder das Depot sogar kleiner wird? Aufgeblähter Lebensstil??
    Diese Fragen sind gerade so wichtig wie die Asset-Allocation,
    ich denke es gibt viele Bücher/Literatur die das Thema behandeln, da kann ich wohl nix Grossartiges mehr dazu beitragen,
    ich könnte Dir mehr über meine persönliche Anlagestrategie erzählen wobei hier natürlich keine Kontaktmöglichkeit besteht.
    Schönes Wochenende
    Annabella

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    1. Danke für die ausführliche Antwort und den Vergleich mit Deinem Chef ;)
      Deine Fragen, die sich beim Thema Assets stellen, sind genau richtig und spielen maßgeblich in die Verteilung mit hinein. Dass Du hier nicht ins persönliche Detail gehen möchtest verstehe ich und ich überlege ernsthaft, hier eine mailadresse zu veröffentlichen für "privatere" Gespräche.
      Schönes Wochenende in die Schweiz!
      R.

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  10. Hallo,

    ich bin´s noch mal - der Kritiker :-)

    Du hast geschrieben:
    -> Währungsrisiko, wenn ich nur in den MSCI investiere. Das ist erstmal jenseits des Börsengeschehens, aber letztendlich ist das ein Faktor, der nicht weg zu diskutieren ist.

    Das verstehe ich nicht bzw. kann es nur zum Teil nachvollziehen. Im Grunde ist es doch unrelevant, wo die Unternehmen sitzen. In Europa oder USA zum Bleistift. Wichtig ist meiner Meinung nach vor allem, wo die Umsätze erwirtschaftet werden. Oder habe ich hier einen Denkfehler? Wo ist der Unterschied, wenn jetzt z. B. eine deutsche Firma 50% Umsatzanteil im Dollarraum und 50% im Euro-Raum hat und gleichzeitig eine US-Firma die identische Umsatzverteilung hat?

    Natürlich ist dies ein plakatifes äh plakatives ääh ich meine einfaches Beispiel, oder habe ich hier einen Denkfehler?

    Viele Grüße und ein schönes WE.

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  11. Hallo Kritiker (ich nenn dich jetzt einfach mal so),
    ich gebe Dir völlig recht: es kommt drauf an, wo die Umsätze anfallen. Allerdings fallen die Umsätze bei einem US-Unternehmen tendenziell hauptsächlich in der USA an, bilanziert wird auch in US$, ich bezahle allerdings morgens beim Bäcker meine Brötchen in €
    Viele Grüße,
    R.

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  12. Hallo Alle,

    zunächst bin ich beim Kritiker, weil bei kaum einem Unternehmen noch die meisten Umsätze im Heimatland anfallen. Diese werden dann einmal hin und anschließend wieder rückumgerechnet. Wenn der MSCI World in USD notiert (~60% sind amerikanische Werte) dann sind dennoch die 4% aus Deutschland in EUR und werden in USD umgerechnet, Du rechnest dann eben wieder USD in EUR um.

    Beim Rebalancing kenne ich den Ansatz über verschiedene Anlageklassen (Graham), aber nicht innerhalb einer. Wenn Tech-Werte gut sind, dann wird der NASDAQ 100 gut laufen und es gäbe keinen Grund dies zu stoppen. Es sei denn, Du möchtest die Branchen Deiner ETF Zusammenstellung konstant halten oder ausgleichen. Gleicht sich die Indexentwicklung von DAX, EURO STOXX oder S&P auf Sicht aus oder ist einer dem anderen überlegen? Ich denke, es hängt an den vertretenen Branchen und die Aufsteiger der letzten Jahre FACEBOOK, AMAZON und APPLE sind eben IT und S&P.

    Zuletzt die Cash-Reserve. Hier bin ich bei Romsalen, weil einfach die Opportunnitätskosten, nicht investiert zu sein, zu viel kosten. Aber jeder sollte eine gewisse Reserve für Unvorhersehbares haben und wenn dann mal ein Crash kommt, dann sind das eben besondere Kaufgelegenheiten. Bspw. nach dem Brexit war einsteigen mit Ansage gut. Aber wie hoch sollte die Reserve sein. 3-6 Nettogehälter wird oft empfohlen, wenn man auf 6 geht sind doch 3 möglich zu investieren, dass wäre für Annabella.

    Ansonsten finde ich es hier super, viel Glück für die Zukunft. Für wann ist die Million eigentlich geplant?

    Grüße, Alex

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